Fast zeitgleich mit dem America’s Cup vor der Küste Barcelonas fand am 19. Oktober 2024 auf dem Waginger See eine nicht minder bedeutende Segelwettfahrt statt. Roland Balthasar lud zu Ehren von Walter Mai, der mit dieser Regatta seinen seglerischen Abschied feierte, zur „Waginger Open Finn“. Die lange Meldeliste mit 30 gemeldeten Booten aus drei Nationen ließ die Vorfreude auf einen spannenden Tag steigen, lediglich der Wind war zum Zeitpunkt der Steuermannsbesprechung noch nicht so ganz angekommen. Die Wettfahrtleiter Franz Seifert und Gerd Rudolph entschieden trotzdem, in der Südhälfte des Sees auf ein paar „Knöpfe“ zu warten. Es war jedoch so lange Flaute, dass manch einer zu einem Nickerchen auf dem Finn neigte.
Das Warten hat sich dann aber ausgezahlt, sodass tatsächlich gegen 13 Uhr das Startsignal ertönte und nunmehr 20 Finn-Jollen über die Startlinie segelten. Nach zwei Runden im Dreieckskurs konnte die erste Wettfahrt Peter Raderschadt (GER 68) für sich entscheiden, vor Jiri Outrata (CZE 8) und Herbert Straub (GER 5).
Die zweite Wettfahrt musste nach einem Frühstart mehrerer Boote und einem daraus folgenden allgemeinen Rückruf zweimal gestartet werden. Erster wurde Uwe Barthel (GER 62), Jiri Outrata (CZE 8) belegte wiederholt den 2. Platz, Gerhard Schwendt (AUT 511) den Dritten.
Für die Gesamtwertung bedeutete das den ersten Platz für Jiri Outrata (YC Tousen) vor Peter Raderschadt (Yachtclub Bad Wiessee). „Bronze“ erreichte Gerhard Schwendt (Segelclub Traunkirchen). Einen hervorragenden fünften Platz erzielte Walter Mai, der bei den Olympischen Sommerspielen 1972 zwölfter in der Finn-Klasse wurde und auch noch an diesem Samstag mit 88 Jahren einen Großteil des Feldes bei der „Waginger Open Finn“ hinter sich lassen konnte.
Nach einem recht ordentlichen Weißwurstfrühstück im Deck 42 hat der Vorstand des WSC, Elmar Schwarz, am 20. Oktober 2024 feierlich die Sieger der Regatta geehrt. Einen besonderen Bezug des WSC zu Walter Mai gibt es bereits seit 1972, als Vorstandsvorsitzender Elmar Schwarz seinerzeit als Student in der Bootswerft Mader arbeitete und jeden Tag einen Finn für die Olympiateilnehmer bauen durfte.
Anschließend übernahmen „die Offiziellen“ der Finn-Klassenvereinigung das Wort, überreichten Walter Mai zum Abschied unter anderem einen beleuchteten Spiegel mit der Konstruktionszeichnung eines Finns und stellten der Segel-Legende einige Fragen zu seiner erfolgreichen Karriere:
Zum Finn-Segeln sei er 1963 gekommen, als er mit seiner damals noch Verlobten in Hamburg bei einer Finn-Regatta zugesehen habe und zu ihr sagte, dass es doch toll wäre, einen Finn zu besitzen. Dass seine Verlobte ihm sodann etwas zur Erfüllung seines Wunsches beisteuerte, hat sie wohl später noch bereut, weil die Wochenenden ab da verplant waren. Mai war zu dieser Zeit in Kiel stationiert und so ergaben sich mehrere Gelegenheiten, in denen er direkt sein Talent unter Beweis stellen konnte und in der in Kiel angesiedelten Finn-Flotte trainieren durfte.
Die wichtigsten und zugleich schönsten Regatten waren für Walter Mai die Master’s Cups, an denen er erstmals 1984 teilnahm und sogleich auch in diesem Jahr gewann. Natürlich war aber auch die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 unvergessen. Hierzu erzählte Mai auch eine Anekdote zur Ausscheidung in Kiel, die den einzigartigen Zusammenhalt in der Finn-Klasse unterstreicht: „Wir haben da gegeneinander im olympischen Format gesegelt – das waren sieben Wettfahrten und ein Streicher – und die ersten drei Wettfahrten habe ich bei viel Wind gleich gewonnen. Bei der vierten Wettfahrt war jedoch wenig Wind, das war nicht mein Wetter. Dann bin ich auf die wahnsinnige Idee gekommen, vor dem Start noch das Segel zu wechseln, was auch prompt in die Hose ging; das Segel war noch nicht ganz oben, da kam schon der Startschuss. Zu meiner Freude kamen gleich noch zwei Schüsse hinterher. Das ist ja nichts besonderes beim Finn-Segeln, aber dann habe ich erfahren, dass meine Konkurrenten alle den Start provoziert haben. Die sind alle vor dem Start vor die Linie gefahren und haben das für mich gemacht.“
Aber auch von negativen Erfahrungen hat Walter Mai berichtet, als ihm 1968 bei der Kieler Woche ein Konkurrent in den Großbaum gefahren ist, sodass das Segel nach vorne rutschte, sein Boot abgefallen ist und schließlich auch noch kenterte. Da damals noch keine Streicher erlaubt waren, hat ihn das den Sieg in der Gesamtwertung gekostet.
Auf die Frage, was er jungen Segelanfängern mit auf den Weg geben würde, antwortete Walter Mai, das man sich Ziele setzen müsse und versuchen solle, diese zu erreichen – und dass Verlieren nun auch mal dazugehört.
Walter Mai ist jedoch nicht nur als aktiver Segler, sondern war auch für seine spannenden Artikel in Zeitschriften wie „Südkurs“ und „Regatta“ bekannt. Und auch über das Segeln hinaus ist die sportliche Betätigung für Mai wichtig. Als er vor ein paar Jahren im Krankenhaus wegen eines Beckenbruchs behandelt werden musste, haben ihn die Ärztinnen und Ärzte wohl „als einen Bescheuerten“ angesehen, so sagt er selbst, denn die Verletzung zog er sich beim Rollerbladen zu – und war damals 82!
Die Veranstaltung wurde mit einem Gruppenfoto der Regattateilnehmer sowie der fünf anwesenden Weltmeister (vordere Reihe, v. l. n. r.: Jiri Outrata, Peter Raderschadt, Walter Mai, Roland Balthasar und Andrè Budzien) gekrönt.
Autor: Julia Thoma (Waginger Segelclub)